News

Vorsprung durch Technik?

K1n9_Duk3 über die technische Entwicklung der Ego-Shooter

It's how you use it™ - Part II

Eigentlich müsste dieser ganze Artikel den Titel "It's how you use it™ - Part II" tragen. Denn wie in allen Bereichen der Kunst, oder noch allgemeiner bei allen Designs, kommt es auch bei Computerspielen mehr auf einen geschickten Einsatz der zur Verfügung stehenden Technik als auf die Technik selbst an.

Einige dieser Aspekte sind bereits in den Reviews zu Rise of the Triad und Duke Nukem 3D zu finden. Da diese sich aber mehr auf die Spiele an sich als auf die technische Umsetzung konzentrieren, werde ich diesen Bereich an dieser Stelle separat betrachten.

Im Rahmen dieser Abhandlung werde ich auch gleich in bester "Wer hat's erfunden?"-Manier einigen in Vergessenheit geratenen Vorreitern dieses Genres die ihnen gebührende Anerkennung zukommen lassen.

Um nun die Entwicklung der Ego-Shooter zu betrachten, muss man natürlich beim ersten wirklich erfolgreichen Vertreter dieses Genres beginnen. Dieser wurde am 5. Mai 1992 auf die Menschheit losgelassen und alles drehte sich um Wölfe und Steine in 3D

1. Die 2½-D-Ära

Sicher fragen sich an dieser Stelle einige, warum hier von "2½-D" die Rede ist. Die Antwort auf diese Frage ist ebenso simpel wie auch bezeichnend für dieses Entwicklungsstadium der First-Person- oder auch Ego-Shooter:

The Catacomb: AbyssMan konnte sich zwar relativ frei in den Räumen eines Wölfe-und-Steine-in-3D (Name geändert) bewegen, aber diesen Spielen fehlte eine effektive Nutzung der Z-Achse des dreidimensionalen Koordinatensystems, will heißen: Begriffe wie "oben" oder "unten" hatten schlicht keine Bedeutung.

Während man schon bei Commander Keen oder Prince of Persia springen, fallen und klettern konnte, fehlten diese Elemente den ersten Ego-Shootern vollkommen. Sie waren aber auch nicht nötig, da die Räume in diesen Spielen so niedrig waren, dass man ohnehin ständig mit den Haaren den Staub von der Decke wischte.

Auf diese Art wurden aber auch einige Probleme vermieden, mit denen die nächsten Generationen noch zu kämpfen haben sollten…

Der Screenshot weiter oben zeigt übrigens das Spiel The Catacomb: Abyss, da dies einer der wenigen Ego-Shooter der damaligen Zeit ist, der in Deutschland nicht indiziert wurde. Die Grafik-Engine dieses Spiels stammt übrigens ebenfalls von id Software, bietet aber im Gegensatz zu Wölfe-und-Steine-in-3D nur EGA-Grafik, obwohl es im gleichen Jahr erschien.

Charakteristisch für diese Spiele ist neben der niedrigen Deckenhöhe auch das Bauklötzchensystem des Levelaufbaus: Alle Wände stehen im rechten Winkel zueinander und haben eine fest vorgegebene Breite.

Den grundsätzlichen Levelaufbau dieser Spiele kann man sich am einfachsten als zweidimensionales Koordinatensystem (beziehungsweise Array) vorstellen. Jedem Punkt wird eine Wand-Nummer (die entweder eine Wand, eine Tür oder einen für den Spieler begehbaren Bereich darstellt), sowie eine Objekt-Nummer (die Gegner, Extras oder statische Objekte darstellt) zugewiesen. Im Prinzip ist also jedes Level so flach wie ein Bitmap-Bild.

Um dies noch einmal bildlich darzustellen, habe ich einen von mir selbst entworfenen Level aus EGO 3D in die zwei Ebenen (Wände und Objekte) zerlegt. Die Objekte werden bei MouseOver hinzugefügt.

EGO 3D - Level 1

Aus diesem Grundaufbau ergibt sich ein grundsätzliches technisches Problem, nämlich, dass beim Leveldesign keine zwei Objekte an ein und derselben Stelle platziert werden können. Aber dies ist eines der Probleme, die eher die späteren Generationen der First-Person-Shooter quälen sollten…

Ein weiteres Problem dieser ersten Generation der First-Person-Shooter ist, dass sie auf die 640 kByte konventionellen Arbeitsspeichers begrenz waren. Dadurch wurden auch die Grafiken der Wände, Gegner, Waffen etc. mit nur 64x64 Pixel auf eine sehr geringe Auflösung beschränkt.

Da der normale VGA-Modus nur eine Bildschirmauflösung von 320x200 Pixel bei 256 Farben erlaubte, nahmen diese Grafiken also in Originalgröße knapp ein sechzehntel der gesamten Bildfläche ein. Dementsprechend sahen die Waffen, Gegner und Wände aus der Nähe nur noch nach Pixelbrei aus. Um dies noch einmal zu veranschaulichen:

Links ist der Bildausschnitt aus dem Spiel zu sehen (GUI entfernt), rechts daneben der PacMan-Geist in Originalgröße.

Natürlich wurde die Engine ständig verbessert und um einige neue Funktionen ergänzt. So wurden beispielsweise die Böden und Decken ebenfalls texturiert und ein rudimentäres Beleuchtungssystem integriert.

Blake StoneDiese verbesserte Technik wird unter anderem in dem Spiel Blake Stone verwendet, dem man auf den ersten Blick ansieht, dass hinter der Fassade die Technik aus Wölfe-und-Steine-in-3D arbeitet.

In der Betrachtung der Geschichte der Ego-Shooter ist dieser Titel deshalb interessant, weil nicht alle Personen in den Levels reines Kanonenfutter sind. Die Wissenschaftler in den weißen Kitteln helfen dem Spieler, indem sie ihn mit Munition (siehe Screenshot), Essensmarken (hin und wieder findet man Automaten, an denen man sich damit Nahrung kaufen kann) oder nützlichen Informationen versorgen.

Ein weiterer interessanter Aspekt ist, dass der Spieler jederzeit in ein bereits besuchtes Level zurückreisen kann, um vorher nicht benötigte Munition oder Erste-Hilfe-Sets einzusammeln oder weitere Geheimgänge zu suchen.

Sicherlich hört sich diese Spielmechanik für den einen oder anderen Leser vertrauter an, als der Titel Blake Stone. Das mag daran liegen, dass dieses Konzept später von Half-Life kopiert wurde.

2.1. Die 2¾-D-Ära

Hauptvertreter (wenn nicht gar einziger Vertreter) dieser Ära ist Rise of the Triad, das - wie im entsprechenden Artikel erwähnt - eine stark modifizierte Version der alten Engine verwendete.

Auch wenn die Bauklötzchen-Levelstruktur geblieben ist, hat sich in fast allen anderen Bereichen einiges getan. Da mittlerweile der gesamte Arbeitsspeicher effektiv genutzt werden konnte, wurden höher aufgelöste Grafiken ermöglicht, die Levelgröße wurde von vorher 64x64 auf 128x128 "Planquadrate" vervierfacht und die Deckenhöhe konnte von Level zu Level variieren, innerhalb eines Levels jedoch nicht.

Eine weitere Neuerung war, dass man den Horizont texturieren konnte, um Außenlevel realistischer zu gestalten. Und natürlich wurde die dritte Dimension endlich auch genutzt, da man die Objekte an einer bestimmten Höhe im Level platzieren, nach oben und unten blicken und (dank Powerups bzw. Trampolinen) auch fliegen oder springen konnte.

Natürlich war es wie früher auch möglich, Wände in der Ebene zu bewegen, also quasi wandernde Wände zu erzeugen. Diese Technologie wurde in dem Spiel auch mehr als ausgiebig genutzt. In kaum einem Level fehlten diese so genannten Pushwalls. Im Gegensatz zu den früheren Spielen konnten sich diese nun aber unendlich lang durch die Level bewegen, was bei Planungsfehlern dazu führte, dass die Wand auch schon mal das Level verließ. Was dann mit der wohl witzigsten Fehlermeldung der Software-Geschichte quittiert wurde:

"I'M FREE!"

Diese Entwicklung lief allerdings in eine Sackgasse, da mittlerweile bereits eine neue Ära angebrochen war, die (bis auf Pushwalls und Trampoline) alle diese Tugenden bereits beherrschte, nämlich…

2.2. Die Vektor-Ära

Diese Ära wurde Ende 1993 durch Doom eingeläutet. Wie bereits angedeutet, bietet die Doom-Engine fast alle Vorteile, die auch schon RotT von den Gründervätern abhoben. Die neue Technologie ermöglichte aber zusätzlich vektorbasierende Level. Das heißt im Klartext, dass Wände in jedem erdenklichen Winkel zueinander stehen können.

Diese neuartige Technologie ermöglichte ein völlig neues und viel realistischeres Leveldesign. Da ja generell fast alle Ego-Shooter aus der Zeit vor 1998 indiziert wurden, verwende ich an dieser Stelle ein Level aus dem Action-Rollenspiel Hexen, das aus der Ego-Perspektive gespielt wird und auch die Doom-Engine nutzt:

Hexen - The Seven Portals

Im Vergleich mit früheren Engines ist jedoch gleich geblieben, dass der Übergang von Wand zu Boden oder Decke immer noch einen rechten Winkel bilden musste. Die Doom-Engine konnte schlicht keine Rampen oder andere geneigte Ebenen darstellen und Leveldesigner mussten entweder Stufe für Stufe eine funktionierende Treppe bauen oder gleich einen Fahrstuhl einplanen. RotT's Pads mussten mit ähnlichen Problemen kämpfen.

Die Nutzung der Vektoren beeinflusste aber nicht nur die Winkel zwischen den Wänden, sondern ermöglichte auch innerhalb eines Levels diverse, teils auch dynamische, Höhenunterschiede.

Ein durch Vektoren begrenzter Sektor hat immer einen Boden und eine Decke, deren Höhe dynamisch verändert werden kann. Dadurch wurden einige neue Elemente wie echte Fahrstühle und herunterkrachende Decken ermöglicht.

An dieser Stelle allerdings treten die bereits mehrfach erwähnten Probleme auf. Denn es ist trotz der Vektortechnik nicht möglich einen Raum über einen anderen zu bauen, da ein Sektor immer nur einen Boden und eine Decke besitzen kann. Dazu zwei eigentlich ganz banale Beispiele:

Möchte ich in einem Level eine Brücke über eine Schlucht bauen, ist diese Brücke immer eine aus dem Untergrund ragende Mauer, unter der man nicht hindurchgehen kann. Die einzige Möglichkeit dies zu umgehen ist, eine Brücke aus fliegenden Objekten zu bilden, wie es bereits bei RotT getan wurde. Dies ermöglicht aber meist keine durchgehende Fläche als Übergang. Um dies zu umgehen, verwendet Hexen im oben gezeigten Level eine "Lichtbrücke":

Lichtbrücke in Hexen

Baue ich ein kleines Haus, das man im Spiel auch betreten kann, dann reicht es von Außen immer bis in den Himmel bzw. bis an die Decke:

zwei Häuservarianten in der Draufsicht

zwei Häuservarianten im Querschnitt

Die untere Abbildung zeigt zwei Häuservarianten im Querschnitt entlang der grünen Linie in der oberen Abbildung. Die Grenzen zwischen den Sektoren sind im Querschnitt durch die roten Linien verlängert dargestellt.

Ein weiteres Problem bei id Software schien zunächst die Bewegung der Sektoren an sich zu sein. Aufmerksamen Spielern wird aufgefallen sein, dass sich die Türen bei Doom immer nur nach oben öffneten und nie zur Seite. Erst in Hexen gab es dann Ende 1995 seitlich gleitende Tore und richtige Flügeltüren.

Es sticht allerdings ins Auge, dass die Helden des Shooter-Genres bis 1996 alle entweder wasserscheu waren oder als Jesus-Verschnitt ständig nur über die Wasseroberfläche liefen. Doch 1996 änderte sich alles, denn in diesem Jahr begann…

3. Die "Build"-Ära

Die "Build"-Engine kann als eine Weiterentwicklung der älteren Vektor-Technik angesehen werden. Faktisch ist die "Build"-Engine jedoch keine aufgebohrte Doom-Engine sondern eine eigenständige Entwicklung, deren Geschichte schnell erzählt ist:

Build EngineIm Januar 1993 machte sich der Programmierer Ken Silverman mit seinem Spiel Ken's Labyrinth (von Epic (Mega-)Games vertrieben, seit 1999 als Freeware erhältlich) einen Namen auf dem Shareware-Markt. Auf den ersten Blick ähnelt die Engine stark dem Klassiker aus dem Hause id Software, ist aber eine Eigenentwicklung Silvermans.

Und eben dieser Ken Silverman war es, der - ebenfalls im Alleingang - die "Build"-Engine entwickelte.

Klar, Otto Durchschnittsspieler wird sich kaum an den Namen einer Grafik-Engine aus dem letzten Jahrtausend erinnern, daher bleibt mir wohl nichts anderes übrig, als ein paar Spieletitel zu nennen:

Bei den genannten Spielen handelt es sich bis auf die Redneck Rampage-Reihe um Spiele aus dem Hause 3D Realms. Denn Ken Silverman hatte die Engine für eben diese Firma entwickelt.

Natürlich sind nur Duke Nukem 3D und Shadow Warrior letztendlich von 3D Realms veröffentlicht worden. Blood wurde an Monolith verkauft, die später mit No One Lives Forever und F.E.A.R. große Erfolge feierten. PowerSlave - bei 3D Realms noch "Ruins: Return of the Gods" genannt - wurde an Playmates Interactive verkauft und in Europa unter einem erneut geänderten Namen veröffentlicht, der hier aus Jugendschutzgründen nicht erwähnt wird.

Die Redneck Rampage-Titel stammen übrigens aus der Feder von Xatrix Entertainment, die sich nach der Veröffentlichung von Kingpin: Life of Crime in Gray Matter Studios umbenannten und dann zu einer gewissen Burg aus Wölfen und Steinen zurückkehrten. Aber dies nur als kleine Information am Rande.

Die Build-Engine war eine der ersten DOS-Technologien, die mehrere Auflösungen für ein Spiel ermöglichte. Bis auf Ken's Labyrinth und die Windows-Version von Final Doom ist mir kein Ego-Shooter bekannt, bei dem man in einer höheren Auflösung als 320x200 Pixel spielen konnte. Mit einer Super-VGA Grafikkarte und einem leistungsstarken Prozessor konnte man Duke Nukem 3D in einer Auflösung von bis zu 800x600 Pixel spielen. Die Redneck Rampage-Titel waren sogar auf eine minimale Auflösung von 640x480 und ein Maximum von sagenhaften 1600x1200 Pixel ausgelegt - und das als reine DOS-Spiele!

Eine sehr wichtige Neuerung war, dass Schalter oder Hinweistafeln an den Wänden nicht mehr - wie es bei Titeln mit der Doom-Engine üblich war - Teil der Wandtextur waren, sondern separate Sprites, die an den Wänden platziert werden konnten. Im Klartext heißt das, dass man die eigentliche Wandtextur und die Textur des Schalters beliebig kombinieren kann.

Dadurch wurde nicht nur das Leveldesign freier, es wurde auch die Menge der Texturen reduziert, da nur noch eine Wandtextur benötigt wurde. Aber durch die Möglichkeit, Objekte wie eben diese Schalter in einem bestimmten Winkel an einer bestimmten Stelle im Level zu platzieren, ergaben sich noch mehr Möglichkeiten für das Leveldesign.

Duke Nukem 3D: Die Brücke am Porno-Kino

Was andere Spiele mit runden Pads oder funkelnden Lichtern simulieren mussten, konnte in der Build-Engine einfach aus mehreren fest positionierten Sprites gebaut werden. Natürlich konnte diese Brücke, wie fast alle Objekte in Build-Engine-Titeln, auch mit einer Rakete oder Granate in die Luft gesprengt werden.

Eine weitere technische Revolution stellen die in vielen Build-Titeln auftauchenden Spiegelflächen dar. Die Spiegel an sich waren meist nur optische Spielereien, die mit einem witzigen Spruch kommentiert wurden.

Duke Nukem 3D: Damn, I'm looking good!

Die dahinter steckende Technik wurde auch an anderen Stellen verwendet, aber dazu später mehr…

Eine der wichtigsten Neuerungen, die diese Engine für Level-Designer brachte, war die Möglichkeit, den Spieler auch unter der Wasseroberfläche agieren zu lassen. Faktisch bedeutet dies, dass die Engine durch ein paar geschickte Tricks einen Raum über einen anderen legen kann.

Der eigentliche Levelaufbau ist aber weitgehend mit dem der Doom-Engine identisch, das heißt, dass es immer noch Sektoren gibt, die genau eine Decke und genau einen Boden haben. Der Vollversion von Duke Nukem 3D liegt sogar ein kleines Tool bei, mit dem man einen Level aus Doom in das Format der Build-Engine konvertieren kann.

Im Gegensatz zur Doom-Technologie konnte die Build-Engine auch endlich geneigte Böden und Decken darstellen. In dem Screenshot mit dem Panzer weiter unten ist dies sehr schön zu sehen.

Die Raum-über-Raum-Problematik wurde - was die Tauchgänge anbelangte - in der Build-Engine mit dem selben Trick gelöst, der auch vorher schon bei den Fahrstühlen in RotT angewendet wurde: Objekte wie die Spielfigur, Gegner oder Geschosse werden einfach an eine andere Stelle im Level teleportiert.

Bei früheren Titeln wie Duke Nukem 3D war die Wasseroberfläche dabei noch nicht transparent, sodass man immer nur eine der Ebenen sehen konnte. Shadow Warrior hingegen nutzte die technischen Möglichkeiten der Engine in dieser Hinsicht aus.

Shadow Warrior: Transparente Wasseroberfläche

Der Screenshot zeigt eine Szene aus dem dritten Level der Shareware-Episode des Spieles. Durch die transparente Wasseroberfäche kann man deutlich sehen, dass es im vorderen Bereich mehr als nur eine Decke und einen Boden gibt.

Hinter dieser transparenten Wasseroberfläche steckt dieselbe Technik, die auch bei den spiegelnden Flächen verwendet wird. Auf Höhe der Wasseroberfläche wird eine Spiegeltextur gelegt, die die Engine durch eine entsprechende Perspektive des zweiten Raumes ersetzt. Über das Ganze wird dann noch eine halbtransparente Wassertextur gelegt.

Auf dieselbe Weise konnten auch Teleporter gebaut werden, die dem Spieler zeigen, wohin er teleportiert wird. Ein Feature, das lange in Vergessenheit geraten sollte. Ebenfalls in Vergessenheit geraten ist, dass es sogar eine 3dfx-Version von Shadow Warrior und Blood gab, die aber ausschließlich mit den frühen Voodoo-Karten aus dem Hause 3dfx funktionierte.

Und da wir gerade bei in Vergessenheit geratenen Features sind: Kann sich noch jemand erinnern, in welchem Ego-Shooter er erstmals das Steuer eines Fahrzeuges übernehmen durfte? Die meisten nennen an dieser Stelle Battlefield 1942, einige erinnern sich auch noch an die Schienenfahrzeuge eines Half-Life, bei denen man gerade mal die Geschwindigkeit regeln konnte. Aber steuerbare Fahrzeuge gab es auch schon früher.

Sicherlich konnte man sich bereits bei RotT auf ein schwebendes Pad stellen und sich über Hindernisse hinwegtragen lassen, aber wirklich steuern konnte man diese Dinger nicht. Die Build-Engine greift hier das Konzept der beweglichen Sektoren auf und lässt den Spieler erstmals Fahrzeuge selbst steuern.

Shadow Warrior: Der erste PanzerShadow Warrior: Die erste Panzerfahrt

Der historischen Korrektheit halber sei gesagt, dass der Spieler, bevor er diesen Panzer in Shadow Warrior steuern darf, schon mindestens einen Miniatur-Gabelstapler und wahrscheinlich auch einen Miniatur-Rennwagen ferngesteuert, ein stationäres Geschütz bedient und einen Gabelstapler gefahren hat.

Voxel-Duke aus Ken Silverman's Build-DemoDas Kanonenrohr des oben abgebildeten Panzers ist aus technischer Sicht ebenfalls sehr interessant, denn es handelt sich hierbei um ein Voxel-Objekt. Voxel sind volumetrische Pixel, also quasi räumliche Bitmaps. Dabei werden die Pixel-Quadrate zu Würfeln umgeformt und so im Raum platziert, dass ein dreidimensionales Objekt daraus entsteht. Die Voxel-Objekte verhalten sich dabei zu den heute üblichen Polygon-Modellen in etwa so, wie sich die Levelstruktur der 2½-D-Ära zu einem Build-Level verhält. Da sich diese Art der dreidimensionalen Modellierung nicht durch die auf dem Markt befindlichen Grafikkarten beschleunigen ließ, verschwand diese Technik etwa um die Jahrtausendwende sang- und klanglos.

Es gab auch Ego-Shooter, die fast ausschließlich die Voxel-Technik nutzten, wie etwa die ersten Delta Force-Teile. Diese entsprechenden Engines wurden aber meist für Flugsimulationen entwickelt. Daher kann man im Bereich der Ego-Shooter kaum von einer konkreten Voxel-Ära sprechen.

Leider sollte die Build-Engine das gleiche Schicksal ereilen, das auch RotT beschieden war. Denn im selben Jahr in dem mit Duke Nukem 3D der wohl prominenteste Titel auf Basis dieser Engine veröffentlicht wurde, wurde durch Snake (Name geändert) auch schon eine neue Ära eingeläutet.

Allein durch die Tatsache, dass die Snake-Engine noch nicht allzu viele Polygone gleichzeitig darstellen konnte und daher sehr detailarm war, konnte sich die Build-Engine noch über ein paar Jahre behaupten. Solche Szenen wären mit der Snake-Engine kaum möglich gewesen:

Blood: Guns Akimbo feat. Thommy Gun

Für eine solche Szene müsste die Snake-Engine die Polygone beider Waffen berechnen und würde dafür bedeutend mehr Rechenleistung benötigen, während die Build-Engine die ohnehin im Speicher befindlichen Waffen-Sprites einfach nur spiegeln musste. Dazu kommt, dass die Waffen im ersten Snake viel zu einfallslos und durch die wenigen Polygone einfach viel zu hässlich waren. Übrigens gab es schon vor Snake II eine Railgun, nämlich in Shadow Warrior.

4. Die Polygon-Ära

Den letzten großen Schritt in der Entwicklung der Ego-Shooter machte id Software im Jahr 1996 mit Snake (Name geändert). Die neue Grafik-Engine erlaubte es erstmals, echte 3D-Modelle aus Polygonen zu erstellen und mit einer Textur zu belegen.

Aus historischer Sicht ist dabei sehr interessant, dass Snake im Bereich der Texturen noch mehr oder weniger klassisch zur Sache ging. Damals gab es nämlich eine komplette Front- und eine Rücken-Textur. Das heißt, dass die Texturen noch nicht, wie heute üblich, Platz sparend aufgeteilt und an der entsprechenden Stelle um die Modelle gewickelt wurden. Die Texturen selbst sind eher komplette Sprites, eine Front- und eine Rückansicht. Einige Objekte sehen so von der Seite sehr schlecht aus, da die Texturen an dieser Stelle aufeinandertreffen und einige Pixel der Textur übermäßig verbreitert werden.

Im direkten Vergleich mit einer Textur für Snake I (links) sehen die Texturen aus Snake III Arena (rechts) ziemlich zerhackt aus:

Duke Nukem-Textur für Snake IDuke Nukem-Textur für Snake III Arena

Da beide Texturen thematisch nahezu identisch sind, kann man auch sehr gut erkennen, dass die neueren Texturen eines Snake III Arena nicht sonderlich höher aufgelöst waren, als es schon bei Snake I der Fall war.

Die Snake-Engine selbst war 1996, genau wie die Build-Engine, noch ein reines DOS-Programm. Die Standard-Auflösung betrug 320x200 Pixel bei 256 Farben. Man konnte aber auch einen SVGA-Modus nutzen und die Auflösung auf bis zu 1600x1200 hochdrehen.

Erst Hexen II, das eine verbesserte Version der Snake-Engine nutzte, wurde im Herbst 1997 als reines Windows-Programm veröffentlicht und unterstützte über eine zweite EXE-Datei OpenGL-kompatible 3D-Grafikkarten, wie etwa Voodoo-Karten. Da bei der Installation aber nicht darauf hingewiesen wird, dass man die automatisch installierten Voodoo-Treiber löschen muss, wenn man eine andere 3D-Karte in seinem Rechner verbaut hat, haben wohl nur wenige die GL-Version gespielt.

Es gibt übrigens auch eine OpenGL-Version von Snake, die auch auf der aktuellen Harware lauffähig ist - wenn man die Voodoo-Treiber löscht.

Neben id Software haben auch andere Firmen ähnliche Grafik-Engines entwickelt. Monolith spendierte dem Nachfolger zu Blood die hauseigene Lithtech-Engine, die in später Ausführung auch bei No One Lives Forever zum Einsatz kommt. Auch die Unreal-Engines aus dem Hause Epic Games stellen bis heute sehr beliebte Technologien dar.

Im Bereich der Ego-Shooter haben sich die Snake-Engines beziehungsweise die Doom 3-Engine als die beliebtesten herausgestellt. Selbst Half-Life (und somit auch Counter-Strike), Medal of Honor: Pacific Assault oder Call of Duty 2 basieren im Kern auf einer dieser id-Engines, auch wenn man ihnen dies kaum noch ansieht.

Wenn man sich Snake, Snake II, Snake III Arena und Quake 4 im Schnelldurchlauf ansieht, dann bemerkt man, dass sich in den fast 10 Jahren, die diese Titel umspannen, nicht wirklich viel verändert hat. Mit jedem neuen Teil der Serie wurde lediglich die Polygonzahl angehoben, die Texturen wurden höher aufgelöst und einige Effekte (wie etwa Normal Maps) wurden hinzugefügt.

Einfacher gesagt: Es wird noch mehr noch detaillierter dargestellt, aber seit Beginn der Ploygon-Ära ist eigentlich schon alles machbar, was man sich vorstellen kann.

© 2007 K1n9_Duk3

← Back | ↑ Top

© K1n9_Duk3, all rights reserved.